Ein Wort machte die Runde, besser gesagt vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus, eine Nominalphrase: alternative Fakten.
Die Sprecherin von Trump hatte dieses Schlagwort genutzt und behauptet, die neue Regierung würde auch alternative Fakten berücksichtigen. Sie meinte wahrscheinlich die subjektiven, gefühlten Wahrheiten, die sich nicht belegen lassen.
Die nicht belegt werden können, weil sie falsch sind.
Auch wenn die Leute denken, dass es so stimmt.
Manch einer sagt, dass dies ein neues Phänomen sei, dass fake news, Verschwörungstheorien und anderes so stark und deutlich im Alltag vorkommen und dominieren. Ich bin mir da nicht so sicher. „Nichts Neues unter der Sonne“ scheint mir auch hier zu gelten. Es gibt nichts, was es irgendwie nicht schon mal gab. Alles irgendwie da gewesen:
- 9/11 ist von der amerikanischen Regierung initiiert worden.
- Der Holocaust war doch viel kleiner und unbedeutend.
- Die da oben steuern mit ihren Satelliten unser Wetter.
Das habe ich nicht gelesen. Alle diese Sprüche sind mir hier in Afrika von normal denkenden Leuten, häufig sogar mit Universitätsabschluss, erzählt worden.
Was neu erscheint, ist, dass plötzlich ein ganz hoher Politiker, nämlich der Präsident der USA, in diesen Chor einstimmt. Und das macht vielen Angst, verständlicherweise.
Plötzlich steht unsere nüchterne Kanzlerin, die in den Augen vieler das Charisma einer Kartoffel hat, neben diesen charismatischen, aber irgendwie rumlabernden Leuten wie Trump und Seehofer. Vielleicht reiht sich Schulz da auch noch ein, für manche hat er das bereits mit dem Gequatsche von den Reformen der Agenda 2010 getan. Nun gut, ich bin kein Experte, wie man das einordnen sollte.
Die da ganz oben machen uns Angst. Ich glaube nicht, dass das neu ist. Ich glaube eher, dass es uns noch nie so aufgefallen ist wie jetzt. Trump macht Angst, weil vieles, was er sagt, falsch ist oder gerade so eben nicht wirklich wahr – was letztlich auf dasselbe hinaus läuft. Seehofer hat schon immer den Vorteil seiner Partei und seines Bundeslandes gesucht und versucht, so viel wie möglich anzuecken. Schulz wird das jetzt auch tun, es ist Wahlkampf. Merkel wird wohl bleiben, wie sie ist, auch wenn sie dann verliert. Aber das ist meine Einschätzung, vielleicht eine zu positive über Merkel oder zu negativ über die anderen.
Wie geht man damit um?
In Afrika war es schon immer normal, dass man denen da oben nicht traut. Konnte man nicht, durfte man nicht. Daher hat sich für unsere Freunde hier nichts geändert.
Neu ist, dass man denen da oben auch in anderen Ländern nicht trauen sollte. Aber wie das mit dem Misstrauen geht, weiß man hier ja schon.
Neu ist auch, dass man eine so schöne Bestätigung hat, dass Demokratie in der westlichen Welt nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss ist. Wenn dabei so was wie Trump herauskommt, kann das System nicht so toll sein. Das ahnten unsere Freunde schon immer, jetzt wissen sie es.
Letztlich bleibt die Frage: Wohin mit der Angst? Was macht man mit seinen Gefühlen?
Reden, beten, denken – spiralisch
Drei ziemlich einfache Vorschläge, am besten in einer afrikanischen Spirale angewandt:
- Mit Freunden und Familie darüber reden, ist immer gut. Man lernt, was andere denken. Kommunikation heißt das Stichwort.
- Beten, wenn man weiß, wie das geht. Es gibt mehr, als was wir sehen.
- Zuletzt: nachdenken, analysieren. Was ist wirklich wahr?
Es gibt natürlich subjektive Wahrheiten: Schmerzen, zum Beispiel, denkt man sich ja nicht aus, aber der andere fühlt sie nicht. Was stimmt, was nicht? Wie kommen die Leute darauf? Warum glauben sie an Verschwörungstheorien – häufig, weil es das Leben vereinfacht und die eigene Verantwortung herabsetzt. Aber auch nicht immer!
- Und nach der Analyse wieder reden.
- Und beten, Gott fragen, ob das so stimmen kann.
- Und weiter denken, analysieren.
Afrikanisch ist es, nicht linear oder dialektisch etwas anzugehen, sondern in Kreisen, in Spiralen. Langsam sich dem Zentrum, der Wahrheit nähern, so kommt man an. So verstehen es die Leute.
Denn es gilt: Geteiltes Leid ist halbes Leid Geteilte Angst ist halbe Angst.