(Einige von euch werden diese Gedanken kennen. Hier etwas ausführlicher, die Fortsetzung sozusagen!)
Eben gerade lag ich noch auf meinem Sofa und las ein Buch über die Ruhe. Ein schwedischer Pastor schreibt sehr interessante Gedanken über Ruhe und Arbeit, Werktage und Sabbat. Das spricht mich an, denn unsere Tage sind teilweise so voll und chaotisch. Ich denke, das ist nicht ungewöhnlich. Vielen geht es so. Die Tage sind überhäuft, es gibt immer tausend Dinge zu tun und alles ändert sich ständig. Alles ist ständig in der Krise und diese Krise lebt gut. Sie hört nie auf und wenn die eine Krise vorbei ist oder vergessen wird, kommt die andere. „Es gibt immer was zu tun“, damit wirbt ein Baumarkt. Recht hat er, muss man immer was tun?
Ich habe jetzt angefangen, regelmäßig Pausen zu machen. Zudem versuche ich, den Tag besser zu strukturieren. Schließlich bin ich die meiste Zeit mein eigener Chef und entscheide sehr viele Dinge selber und allein. Das ist nicht immer gut. Und manchmal weiß ich einfach nicht mehr, was ich zuerst tun soll. Alles erscheint dringend und muss sofort angegangen werden.
Nichts verändern
Der Schwede hat einige sehr gute Gedanken, die ich noch weiter bearbeiten und bedenken muss. Zum Beispiel „Am Sabbat sollst du nicht arbeiten“. So verstehen das die meisten. Er schreibt, es müsste eigentlich: „Am Sabbat sollst du nichts schaffen, nichts verändern“ heißen. Das ist spannend. Alles liegen lassen, so sein lassen, wie es ist. Nichts hinzufügen, nichts wegnehmen, Pause machen – für einen Tag.
Orthodoxe Juden machen kein Licht an am Sabbat, legen keinen Schalter um, denn das wäre ja eine Veränderung. Der Pastor schreibt, wie er seinen Gesprächspartner auslacht, als der das erzählt. Der aber fügt hinzu: „Wie viele Schalter kommen nach dem Lichtschalter, die du noch betätigen könntest?“ Stimmt! Wie viele Dinge folgen dem einen, die auch noch kommen müssen? Hört es irgendwann auf? Nein, eigentlich nicht. Computer- und Handyschalter, Fernseher und Tablet, und dann noch … ?
Es muss wohl darum gehen, nicht nach dem Sturm zur Ruhe zu kommen, sondern im Sturm. Die Probleme hören nie auf. Das ist normal, jeder hat sie, jeder muss damit umgehen. Und sie werden nie aufhören. Wir müssen lernen, mit ihnen zu leben, in ihnen zu ruhen.
Praktische Anleitung zur Stille
Ich habe schon häufiger gemerkt, dass ich es nicht hin bekomme, jeden Tag früh morgens in Ruhe zu starten, eine Stille Zeit zu verbringen und das möglichst für eine halbe Stunde oder länger. Statt dessen habe ich mir vor Jahren die Regel eines Pastors zu eigen gemacht, der meinte, jeden Tag ein bisschen wäre realistischer. In meinem Fall eine Viertel Stunde, mehr nicht. Aber einmal in der Woche halte ich feste Stille für eine Stunde, einmal im Monat für einen Tag und einmal im Jahr für eine Woche.
Das mit der einen Woche im Jahr hat nicht mehr funktioniert, seit ich eine Firma leite und Kinder im Schulalter habe. Aber den Stille-Tag, den habe ich wieder eingeführt, weil es sein musste:
Vor ein paar Wochen im August lief fast nichts mehr im Büro. Viele Probleme in der Firma hatten sich angehäuft. Ich war verzweifelt. Nachdem ich eine Liste mit neun inakzeptablen Problemen erstellt hatte, verbrachte ich den nächsten Tag am Strand: ruhen, beten, hören – ein Stille-Tag! Ganz bewusst gab ich alle Probleme in Gottes Hand und sagte ihm: „Du übernimmst jetzt, ich mache gar nichts mehr!“ Das hieß: niemanden anrufen, niemanden animieren, ermutigen, schieben oder nerven. Man muss wissen, dass ich ein kommunikativer Mensch bin und Leute sehr gut nerven kann. Ich schreibe regelmäßige E-Mails, tätige Anrufen oder SMS, was immer ich für richtig halte.
Drei Tage später hatten sich fünf Probleme gelöst und in den anderen vier gab es merkliche Fortschritte. Was für eine Erfahrung!
Nichts tun, ganz bewusst nichts
Den Stille-Tag hatte ich damals bewusst mit einer Stunde aufs Meer gucken und nichts tun begonnen. Kein Programm, keine Planung, keine Liste! Nichts!
Das war genial gut. Danach war mein Kopf aufgeräumt und willens, Dinge wieder anzugehen. Danach bete ich dann und gehe langsam meine Listen durch, die To-do-Listen und die Gedanken, die mir in der Nichts-tun-Stunde durch den Kopf gegangen sind. Viele neue Impulse blitzen regelmäßig auf. Aber fast noch wichtiger wird, wie sich die Prioritäten verschieben: Was ist wirklich wichtig? Was ist dran und was tut nur so, als wenn es wichtig wäre?
Mittlerweile habe ich zehn Minuten Nichts-tun in die Viertel Stunde jeden Tag integriert. Damit läuft dieser kurze Zeitraum intensiver ab. Ich stelle übrigens einen Wecker: Bevor der nicht klingelt, wird das Nichts-tun nicht beendet!