Ich lege mich für eine kurze Mittagspause hin und schlafe dann doch kurz ein. Länger als ich dachte, liege ich auf meinem Zweier-Sofa, die Beine hinten über die Lehne auf einem Stuhl. Als ich aufwache, ist es spät und ich stehe schnell auf.
Irgendwie aber lag ich komisch, meine Beine gehorchen mir nicht, ich falle hin, mein linkes Bein ist total eingeschlafen. Dabei fällt mir meine Brille ab und ich auf sie drauf – Totalschaden. Das linke Glas ist zerbrochen, der linke Arm vom Gestell beschädigt.
Genervt rufe ich zu Hause an, Frau rät, sofort zum Optiker zu fahren, auch weil ich in 48 Stunden verreise. Ich nehme also ein Taxi und bin eine halbe Stunde später bei ihm. Der Optiker kann sich den Schaden kaum erklären, verspricht aber, so schnell wie möglich, also in 24 Stunden, eine Reparatur.
Ich laufe ohne Brille nach Hause, was ein wenig ungewohnt ist.
Ich erzähle ihm von der Odyssee am Vormittag, er schüttelt nur den Kopf.
Dort finde ich meine Ersatzbrille, welche die Vorgängerin der jetzigen ist und damit von den Gläsern her nicht mehr völlig passend. Der Unterschied ist allerdings relativ gering.
Am nächsten Morgen nach der Dusche passiert das zweite Unglück: Als ich die alte Brille aufsetzen will, fällt das linke Glas heraus und auf den Boden. Interessanterweise wieder das linke! Eine genauere Untersuchung ergibt, dass die Schraube links, die das Gestell zusammenhält, in der Mitte durchgerostet ist. Sie muss entfernt und erneuert werden. Das Glas ist angebrochen und verkratzt, muss es jetzt aber tun.
Ich fahre also wie gehabt Richtung Büro, bezahle wie geplant die Telefonrechnung und laufe zum Büro. Kurz vorher nehme ich den letzten Optiker, um einen kurzen Weg zu haben in der Annahme, dass ich evtl. in einer Stunde wieder kommen muss.
Der Optiker dort aber erzählt mir sofort, dass er das Gestell nicht reparieren kann. Die Schraube stecke noch drinnen und müsse per Bohrer entfernt werden. Er rät mir, zu einem Juwelier zu gehen, der würde das können, und nennt mir einen Namen. Seine Wegbeschreibung ist aber zu afrikanisch, irgendwo dort hoch nach rechts dann und so weiter, und wird nicht zum Ziel führen.
Der nächste Optiker erklärt mir das gleiche und fügt hinzu, dass es in diesem Viertel keinen Juwelier gibt.
Der dritte Optiker erzählt ebenfalls das Gleiche, kennt aber einen Juwelier in einer nahen Straße, der das können müsste.
Ein Fremdenführer auf der Straße hat das mit bekommen und erklärt mir, welche Straße die besagte ist. Das erweist sich aber als falsch.
Ich finde die Straße dann doch, aber keinen Juwelier.
Dort spricht mich ein weiterer ehemaliger Fremdenführer an und übernimmt sofort das Kommando, als ich ihm von dem Problem erzähle. Er glaubt allerdings nicht, dass die Optiker die Reparatur nicht können, rennt sofort in zwei verschiedene Läden rein, die ihm dann aber – oh Wunder – das gleiche wie die drei vorher erzählen: „Geht nicht, das muss ein Juwelier vorbereiten.“
Also, fragen wir bei Juwelieren nach, die das aber auch nicht können – jedenfalls nicht die, die wir fragen. Mein neuer Freund ist nach einer Weile leicht genervt und überrascht, ich hingegen denke an Aufgeben.
Ich denke an Aufgeben, er aber nicht.
Er allerdings nicht und läuft einfach wieder bei Optikern rein, wo er mehr Hilfe erwartet. „Nein, das geht nicht, wenn die Schraube gebrochen da noch drin steckt.“
Schließlich kommen wir erneut zu einem rein, der sich das anguckt und meint: „In einer Stunde könnt ihr wieder kommen!“ Hoppla, wir sind bei einem Optiker, nicht bei einem Juwelier.
Der Fremdenführer ist zufrieden, ich gebe ihm ein Trinkgeld von ca. fünf Euro, das er interessanterweise nicht einfordert hat, weder direkt noch indirekt. Das ist ungewöhnlich und somit verdient er es auch.
Ca. 80 Minuten später hole ich meine Brille ab: Gestell ist repariert, das Glas ist trotzdem beschädigt und damit das Ganze auf Dauer unbrauchbar. Hier ist es aber normal, dass man sich kurzfristig irgendwie hilft, wenn es anders nicht geht. Daher hatte er auch kein Problem damit, etwas zu reparieren, dass eigentlich schon völlig kaputt ist. Ich zahle wieder erneut ca. fünf Euro.
Am Nachmittag rufe ich den ersten Optiker an, der meine neue Brille hat. „Ja, um 18 Uhr kann ich sie abholen!“ Ich bin zu der Zeit da, aber die Brille nicht. Der Lieferant, der das Glas liefern soll, steckt noch im Stau. Wir unterhalten uns und ich erzähle ihm von der Odyssee am Vormittag. Er schüttelt nur den Kopf und meint, dass viele seiner Kollegen, wenn der Laden halbwegs läuft, nicht mehr richtig arbeiten und ihren Angestellten alles überlassen. Die wären aber keine ausgebildeten Optiker und hätten entweder keine Werkstatterfahrung oder nicht mal eine Werkstatt. Er hätte alles und könnte auch alles reparieren. Das gehöre zum Job – seiner Meinung nach.
Der Lieferant kommt, Brille ist heile. Der Bügel, der einiges ab bekam, ist auch repariert, wenn man auch den kleinen Schaden sieht (aber eigentlich nur, wenn man es weiß). Ich zahle unglaubliche 45 Euro. Auf der Rechnung der Brille kostete ein Glas 65 Euro. Wie er das jetzt gemacht hat, ist mir schleierhaft. Es kann aber sein, dass er aus Kulanz nur das Minimum genommen hat, und hofft, dass ich für die Sonnenbrille wieder komme, die ich noch brauche.
Das werde ich allerdings nicht: Er hat nur Markengestelle, die viel zu teuer sind für eine Zweitbrille.
Was lernt man daraus?
Zum ersten: Ich muss auf meinen Brillen besser aufpassen. Hier ist es so staubig, dass sie wesentlich schneller verkratzen.
Zum zweiten: Manchmal hat man kein Glück, dann kommt auch noch Pech dazu. Lässt sich nicht ändern, passiert überall und hat nichts mit Afrika zu tun.