Vor kurzem war ich auf einer Fortbildung: Es ging um die Prinzipien von Leitung im interkulturellen Kontext. Eingeladen waren Leiter aus Afrika, Asien und Europa. Inhaltlich ging es um Leitungsstile, Prinzipien von organisatorischen Strukturen und psychologischen Fragestellungen, aber auch wie sich Kolonialgeschichte der letzten 200 Jahre auf unsere Arbeit auswirkt bzw. auswirken kann.
Interessanterweise war sehr viel Tischgespräch und offene Diskussion Teil der Veranstaltung.
Gleichzeitig wurde mit einigen Präsentationen und der Besetzung der Tischgruppen anderes vorgegeben. So saßen wir alle an festen Tischen in der immer gleichen Zusammenstellung. Für mich hieß das neben mir als Deutschen mit einem Kanadier, einer US-Amerikanerin, einer Philippina, einer Tansanierin und einer Dame aus Grenada zusammen zu sein. Bei letzterer musste ich erst mal nachschlagen, wo das überhaupt liegt, und stellte dann fest, dass der Staat in der Karibik kleiner und weniger bevölkert ist als die Stadt Göttingen, wo wir wohnen!
Zu den Kulturen der Herkunftsländer kamen auch noch die Kulturen der Länder, wo wir arbeiten oder gearbeitet haben. Neben meiner Nordafrika-Erfahrung kam also noch die Demokratische Republik Kongo hinzu, wo die US-Amerikanerin seit mehr als 10 Jahre wirkt. Die Tansanierin hatte sehr viel Erfahrung mit Westlern in ihrem Land aber auch mit anderen Afrikanern, z.B. aus Kenia und Uganda. Die Grenada-Dame leitet ein internationales Team in den USA mit 10 Mitarbeitern, wo keiner am selben Ort wohnt wie der andere.
Was habe ich da gelernt?
Das Ziel von uns sechs war das gleiche: Unsere Arbeit im interkulturellen Kontext besser und effektiver gestalten!
Eine bestätigte Erkenntnis: die Persönlichkeit muss immer im Vordergrund stehen: Ich arbeite mit Menschen, die ihre Geschichte haben und nicht mit einem Kanadier oder einer Philippina. Da ist ein kultureller Hintergrund, den man ein wenig kennen sollte, den man aber auch erfragen kann. Zumindest in unserem Kontext sind sich die meisten dessen bewusst, was sie mit geprägt hat und was nicht. Das ist natürlich nicht bei allen Menschen der Fall.
Eine Einheit ging über „mental models“, was man als „Grundannahmen“ übersetzen könnte: Was denke ich über so manche Dinge, ohne sie groß zu hinterfragen? In Nordafrika zum Beispiel denken viele, dass man von Subsahara-Afrika nicht viel lernen könnte, weil die so anders sind. Das wurde bei uns im Seminar klar widerlegt, denn viele Fragestellungen sind einfach menschlich und damit in irgendeiner Form und Ausprägung immer wichtig. Eine andere Frage war, ob wir als Entwicklungshilfe-Organisation unseren Service immer gratis anbieten sollten. Die Tendenz geht gerade davon weg, um mehr Wertschätzung zu bekommen und auch besseren Service anbieten zu können.
Persönliches Fazit
Besonders zwei Gedanken bleiben hängen:
- Zum einen fühlte ich mich im internationalen Kontext wie ein Fisch im Wasser: Das ist meine Welt, da bin ich zuhause. Viel mehr als in einem eher deutschen Kontext.
- Zum anderen waren die persönlichen Beziehungen zwischen uns als Tischgruppe ein großes Highlight. Es hat Spaß gemacht, sich kennen zu lernen und auch zu sehen, wo die anderen kämpfen oder was ihnen leicht fällt. Das deckt sich häufig mit eigenen Erfahrungen, aber nicht immer.
Ich werde in Zukunft im Rahmen einer längerfristigen Fortbildung mehr über interkulturelle Leiterschaft lernen und arbeiten. Ich bin gespannt, was da noch kommt.